Jörn Stoya
Lazy Reflector
Apr 02–May 28, 2022
Two formal elements shape the current exhibition’s pictorial narrative. Two surfaces, arranged as a pair, are strikingly placed in the foreground; in the background, two nested beam structures stand for much more than a purely constructivist method of composition. While Stoya uses these surface pairs to connote reflective surfaces—on which, ever in the present, a film or comparable imaginative sequences could be played both for himself and the viewer—he associates the stacking of the seemingly weightless beam structures with the artificial “storage” of memories. And just as one memory can trigger another, most surface pairs are able to reflect each other.
The marked hovering nature of all these forms is particularly striking. In addition to the colors’ immanent oscillations, a decisive factor for this effect is provided by the transparent, hazy surface and beam segments. Yet if something is in limbo, the slightest external or internal stimulus is enough to provoke changes. It is precisely this kinetic flow, the results’ refusal to be static, that establishes an important conceptual dimension; it goes as far as pictorially embodying the stated “lightness of doing” (if not being). This is also due to the fact that the coexistence or juxtaposition of warm and cold hues, beyond triggering different sensations, sublimely balance the perceptual patterns belonging to rational contemplation and emotional empathy.
It is the anchoring of the artist’s seemingly purely abstract chromatic resonances in a multilayered expressive substance that stands out most distinctively as soon as we visualize Stoya’s postulate “color = joy = resistance,” which may seem disconcerting at first glance. It is quite evident that “color = joy” considering the radiance of color pigments, the buoyant lightness of forms, and the gravitation of preserved memories. But “color = resistance”? It is possible to understand this part of the equation if we bear in mind that Stoya does not regard joy merely as an expression of light-hearted cheerfulness, but as a source of energy and stimulus to counteract unfortunate personal and social circumstances, to change them in a constructive way. The path and the goal of “resistance” thus become two homogeneous entities, an artistic credo that, in its rarity, provides a further dimension to answer the perennial moral question: “Should we use violence and aggression to react to violence and aggression?” Bearing this ideological foundation in mind, the visual echoes of the spherical chromatic resonances are able to unleash touching aspects of human existence—whether in an instant that is experienced directly or in the inexhaustible reservoirs of memory.
In der aktuellen Ausstellung prägen zwei Formelemente das Bildgeschehen: Zwei paarweise im Bildvordergrund markant platzierte Flächen und zwei ineinander geschachtelte Balkenformationen im Bildhintergrund, die für weitaus mehr stehen als für einen rein konstruktivistischen Kompositionsmodus. Konnotiert Stoya mit den jeweiligen Flächenpaaren Reflexionsflächen, auf denen ein Film oder vergleichbare Imaginationssequenzen in Jetztzeit ablaufen könnten, für ihn selbst wie für den Betrachter, so verbindet er mit den Stapelungen der scheinbar gewichtlosen Balkengebilde das artifizielle ‚Einlagern‘ von Erinnerungen. Und so wie eine Erinnerung eine andere anzustoßen vermag, sind die meisten Flächenpaare in der Lage, sich gegenseitig zu reflektieren.
Auffällig ist das betonte Schweben sämtlicher Formen. Hierzu tragen, neben den immanenten Schwingungen der Farben, die durchsichtigen, schemenhaften Flächen- und Balkensegmente entscheidend bei. Wenn aber etwas sich in einem Schwebezustand befindet, genügt der geringfügigste Impuls von außen oder innen, um Veränderungen herbeizuführen. Genau dieses kinetische Fließen, das Nicht-Fixiertsein der Ergebnisse, bildet ein wichtiges Konzeptmodul, das bis zur bildnerischen Verkörperung der erklärten „Leichtigkeit des Tuns“ (wenn nicht des Seins) reicht. Hierzu gehört, dass das Mit- oder Gegeneinander von warmen und kalten Farbtönen über das Auslösen unterschiedlicher Empfindungen hinaus auf sublime Weise die Wahrnehmungsmuster rationaler Kontemplation und emotionaler Einfühlung ausbalancieren.
Am markantesten sticht die Verankerung seiner scheinbar rein abstrakten Farbklangräume in einer vielschichtigen Aussagesubstanz hervor, sobald man sich Stoyas auf den ersten Blick befremdlich wirkendes Postulat „Farbe = Freude = Widerstand“ vergegenwärtigt. „Farbe = Freude“ ist angesichts der Strahlkraft der Farbpigmente, der beschwingten Leichtigkeit der Formen und einer Gravitation von bewahrten Erinnerungen evident. Aber „Farbe = Widerstand“? Nachvollziehbar wird dieser Part der Gleichung, wenn man sich vor Augen hält, dass Stoya Freude nicht bloß als Ausdruck unbeschwerter Heiterkeit betrachtet, sondern als Energiequelle und Ferment, sich misslichen persönlichen wie gesellschaftlichen Zuständen entgegenzustemmen und diese konstruktiv zu verändern. In dem Fall werden Weg und Ziel des „Widerstandes“ zu zwei homogenen Größen, ein künstlerisches Credo, dass in seiner Seltenheit der steten Gewissensfrage „Sollte auf Gewalt und Aggression mit Gewalt und Aggression reagiert werden?“ eine weitere Antwortfacette hinzufügt. Eingedenk dieser weltanschaulichen Grundierung setzt das visuelle Echo der sphärischen Farbklangräume berührende Momente im menschlichen Dasein frei, ob im unmittelbar erlebten Augenblick oder in den unerschöpflichen Reservoiren der Erinnerung.